All of Japan

INTRO

Wieder einmal ist viel Zeit vergangen, seit dem letzten ausführlichen Reisebericht. Und selbstverständlich ist in den vergangenen Wochen so einiges passiert, was euch nicht vorenthalten werden soll. Zwischenzeitlich in Seoul angekommen, ist nun die Gelegenheit gekommen auf den zweiten Teil unseres ausgedehnten Aufenthalt in Japan zurückzublicken.

NISEKO (Teil2)

Ohne weitere Umschweife möchte ich von der Ankunft unserer Freunde aus Frankfurt erzählen. Am 18.2. erreichten Frieda und Dorian endlich Kutchan in ihrem schicken japanischen Camper. Die Wiedersehensfreude war groß und Steffen und Ich hatten für die beiden ein ganz „besonderes“ Willkommensgeschenk vorbereitet. Als Krautfest Stammgäste sind die beiden mit der schwäbischen Mentalität und Bräuchen bestens vertraut und ihrerseits mit bemerkenswerten regionalen Sitten und (Trink-)Kultur ausgestattet. Kurzum – sie haben sich sehr über die 4 (!) Liter (!) Whisky (!) Plastik Flasche gefreut und sie so gleich gerne mit uns geteilt. Natürlich waren wir auch zusammen Skifahren… allerdings erst wieder am übernächsten Tag. Wir hatten weitere wunderbare Powdays in Moiwa und Rusutsu, teils bei herrlichem Wetter. Spektakulär sind dort auch der schillernde Indoor Vergnügungspark und der berühmte Backwards Skier. Ein durchgeknallter Typ, der seine Bindung verkehrtherum auf seine Skier montiert hat und in starkem Outfit und bunten Bändern immer nur rückwärts ins Tal fährt. Gerade in Rusutsu konnten wir die Tage auch mit Besuchen in den Onsen der dortigen Hotels abrunden, in die wir uns einfach mal ganz dreist reingeschlichen haben. Noch kann man hier wohl noch von einem Geheimtipp sprechen, jedoch lassen die dort vorgestellten Pläne erahnen, dass die Besucherzahl im Gebiet exponentiell steigen soll wenn man davon ausgeht, dass die Unmengen an geplanten Hotels umgesetzt werden. Ein guter Grund also um in den kommenden Jahren schnell noch mal wieder zu kommen. Nachdem Frieda und Dorian sich in den Norden Hokkaidos verabschiedeten genossen wir noch die letzten Tage in Niseko bevor es für uns Ende Februar dann auch wieder nach Sapporo ging.

SAPPORO (Teil2)

Eigentlich nur als Zwischenstopp auf der Reise nach Nagano gedacht, waren wir gezwungen unseren Aufenthalt in Sapporo zu verlängern, denn ein heftiger Schneesturm brachte den Zugverkehr für mehrere Tage zum Erliegen. Als Langzeitreisende sahen wir es jedoch recht gelassen, schließlich fühlten wir uns in Sapporo und im Hostel dort recht wohl und so fügten wir uns und genossen die unfreiwillige Pause. Die geplante Station in Nagano mussten wir dann leider streichen, da nicht mehr genug Zeit übrig geblieben wäre bis zu unserem nächsten, bereits gebuchten Aufenthalt in Aizu. Um uns die Zeit zu vertreiben dachten wir, es sei vielleicht eine gute Idee ins nahegelegene Skigebiet nach Teine zu fahren. Ski und Gepäck lagerten ohnehin bereits am Bahnhof. In unserer Phantasie klang das alles ganz einfach. Zum Bahnhof fahren, Ausrüstung holen, zum Skigebiet fahren, fertig. In Wahrheit glich es dann eher einer Odyssee. Unmengen an Gebühren für die Schließfächer, Umziehen mitten in einem japanischen Bahnhof, am Schalter wegen fehlender Skitasche zurückgewiesen werden, vom Busfahrer diesbezüglich nochmals ermahnt werden, mäßige Bedingungen in einem überschaubaren Skigebiet, das war dann die bittere Realität. Am nächsten Tag beschlossen wir daher unserer Bemühungen das Haus zu verlassen zu minimieren.

AIZU

Am 5.3. verließen wir dann Hokkaido und düsten erstmals im Shinkansen Richtung  Aizu, einer Skiregion in der eher anderweitig bekannten Präfektur Fukushima. Der aufgrund schlechter Reputation schwächelnde Tourismus lockt mit schlichtweg unschlagbaren Angeboten und trifft hiermit natürlich mitten ins schwarze unserer Schwabenherzen. Und so landeten wir als „Botschafter“ für die Region in der vermutlich luxuriösesten Unterkunft unserer Reise im 4 Sterne Grandeco Urabadai Resort. Und mangels Alternativen gönnten wir uns dort am Abend gleichmal das 5 Gänge Menü im hauseigenen französischen Restaurant. Selbstverständlich genossen wir auch das riesige Zimmer, die traditionellen Japanischen Bademäntel und den Onsen in vollen Zügen. Und auch das Skigebiet hat uns durchaus gefallen. Die wunderschöne Landschaft und die ordentlichen Schneemengen können sich mit Hokkaido messen. Doch Anfang März waren die Temperaturen bereits etwas frühlingshaft und so ließen wir die letzten Skitage (67!) unserer Reise auch eher gemütlich ausklingen.

FUKUOKA

Nach ein paar Tagen ging es dann schon weiter nach Fukuoka, meiner alten „Heimat“ im Süden Japans auf Kyushu. Und schon die Busfahrt aus unserem weit entfernten Hotel dorthin bot die erste Überraschung. Denn Lotti, eine Englisch Lehrerin auf Kurzurlaub in Fukushima, war ebenfalls auf dem Weg zurück nach Fukuoka und tatsächlich kannte sie auch einen meiner dortigen Lehrer, Peter Carter. Ein weiterer herrlicher Zufall unserer Reise.

Am Ende eines langen Reisetages, mit Zwischenstopp in Tokyo um weite Teile unseres Skigepäcks in einem komplizierten Vorgang nach Deutschland zu versenden, erreichten wir dann Fukuoka. Noch im Zug dorthin habe ich versucht alte Freunde aus der Zeit meines Austauschsemesters zu kontaktieren und so kam es, dass wir uns noch am selben Abend mit Katsukawa Sensei, meinem damaligen japanisch Lehrer in einer Izakaya trafen und dass, obwohl er bis 22 Uhr gearbeitet hatte und danach noch eine Stunde mit dem Fahrrad nach Hause fahren musste, während unsere Unterkunft mitten in Tenjin (Downtown) gleich gegenüber war. Das Wiedersehen mit dem mit Abstand passioniertesten Lehrer den ich je hatte war wirklich großartig. Und aus irgendeinem Grund sind wir danach doch nicht direkt in die Betten in unserem Apartment gegenüber gefallen sondern weiter durch die Stadt gezogen auf der Suche nach der Fubar, einem zentralen Punkt während meines Studien Aufenthaltes. Es war eine Zeitreise an einen Ort, der sich in 6 Jahren nicht im geringsten verändert hatte.

Gleich am nächsten Morgen traf ich dann auch Anzai Sensei, meinen Architektur Professor an der KyuSan zum Lunch. Überhaupt war es schön dort in so kurzer Zeit, teils sehr spontan, so viele Freunde von damals zu treffen. Zwischendurch schauten wir uns ein wenig Hakata und das berüchtigte Nakasu an und ich nutze die Gelegenheit um mir noch schnell ein Hemd und eine Krawatte für die bevorstehende Hochzeit zu kaufen. Die minimal Ausstattung als reisender Hochzeitsgast sozusagen.

Es war wirklich ein besonderer Moment Oofuji San dann am Tag seiner Hochzeit wieder zu sehen. Welch schöner Zufall, dass es möglich war so auch seine Frau und viele seiner Freunde kennenzulernen. Gefeiert wurde in einem schicken italienischen Restaurant, die obligatorischen Hochzeitsspielchen dürfen auch in Japan nicht fehlen und später gings mit den Freunden zum Bowling weiter durch die Stadt. Und schon am nächsten Morgen hieß es nach intensiven Tagen wieder in den Shinkansen steigen um mit Höchstgeschwindigkeit durchs Land zu düsen.

KYOTO

Mit kurzem Zwischenstopp in Hiroshima kamen wir nach Kyoto, dem kulturellen Herz Japans. Wir hatten ein paar Tage Zeit um uns in Ruhe die wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt anzusehen und uns in einem stylischen Hostel einquartiert. Wir besuchten den Kinkakuji, einen goldenen Tempel mit herrlichen Gartenanlagen aber auch vielen Touristen. Den Ryoanji, berühmt für seinen Steingarten und dessen kontemplativer Wirkung. Sowie das Nijo Castle mit seinem spektakulären, typisch japanischem Gebäudekomplex aus Schiebewänden, Tatamimatten und Laubengängen. Wir fuhren auch ins nahegelegene Nara um den Todaiji, einen wirklich gigantischen Holztempel zu besichtigen und dem freilaufenden Rotwild bei der Jagd auf chinesischen Touristen zuzusehen. Abends und auf dem Weg zum Kiyomizu Tempel schlenderten wir durch das sehr traditionelle und gut erhaltene Stadtviertel Gion. Und auch zum hoffnungslos überlaufenen Inari Schrein pilgerten wir. Wenn auch von der Vielzahl an Eindrücken in kurzer Zeit und der deutlich touristischeren Destination etwas erdrückt, ist Kyoto immer wieder eine Reise wert, wenngleich wir uns dann spontan entschieden doch schon einen früheren Zug nach Tokyo zu nehmen und die damit letzte Shinkansenfahrt mit unserem JR Pass anzutreten.

TOKYO

Auch für unseren Aufenthalt in Tokyo hatten wir genügend Tage eingeplant, schließlich soll ja keine Hektik auf unserer Reise aufkommen. Also erholten wir uns erstmal ein wenig von unserem anstrengenden Lifestyle und besuchten ein Katzenkaffee in Akihabara. Krankheitsbedingt habe ich in Tokyo einige kleine Pausen einlegen müssen und so zog Steffen hin und wieder alleine los um sich Shibuya, Shinjuku, den Meiji Schrein und co. anzusehen. Gemeinsam fuhren wir aber zum Skytree um uns einen Überblick über die Stadt zu verschaffen. Dafür hätten sie ihn aber wohl noch höher bauen müssen… Auf dem Rückweg zu unserem kleinen Apartment wurden wir von der Bar „Meine Kleine“ wie magisch angezogen. Eine sehr skurrile Kneipe, mit allerlei deutschem Allerlei. Uns ist nicht abschließend klar, ob hier bei uns ein Anflug von Heimweh (zum Mittag gab´s nen Döner) oder vielmehr das ausgeprägte Fernweh des Inhabers überwog. Ein absolutes Highlight war wieder einmal der Besuch in der New York Bar im Park Hyatt Building. Wenige Tage zuvor hatten wir uns noch den Film Lost in Translation angesehen und nun saßen wir in dieser traumhaften Kulisse, schlürften teure Drinks und genossen die überragende Aussicht über die glitzernde Metropole bei Nacht. Danach trafen wir uns noch mit Yuta San, einem alten Kollegen aus meiner Zeit in Zürich, den ich seit 10 Jahren nicht mehr gesehen hatte, in einer netten Izakaya. Geradezu unwürdig war das Wetter an unserem letzten Tag in Japan. Nach den frühlingshaften letzten Tagen wurde es ekelhaft nass und kalt und wir beschlossen daher frühzeitig zum Flughafen aufzubrechen und uns unserem nächsten Ziel, Korea zuzuwenden. Ein weiterer großer Reiseabschnitt geht damit zu Ende. Es bleiben wunderbare Erinnerungen an unzählige Powdays, Treffen mit alten Freunden aus der Heimat, Wiedersehen mit Freunden in Japan, vorbeiflitzende Landschaften im Zug und das köstliches Essen, welches ich jetzt schon vermisse. Nihon, arigatou gozaimasu.